Seit Anfang Mai freut Nimby sich über die schrittweise Aufhebung des Corona-Lockdowns. Homeoffice for ever ist keine Lösung, naturgraues Haar ebenso wenig und der Feierabend-Prosecco in der Bar ums Eck hat sowieso gefehlt.
Breakthrough in die „neue Normalität“! Und neu ist einiges. Der beschlagene Blick, wenn Nimby Brille und Schutzmaske kombiniert, gefällt weniger. Auch das Zeitfenster beim Abendessen (Sperrstunde 23:00 Uhr) erinnert Nimby eher an elterliche Vorgaben in ihrer frühen Jugend, als an entspanntes Beisammensein unter (vier) Erwachsenen. Gewöhnungsbedürftig auch das Verbot im Sportgeschäft, die Jogginghose vor dem Kauf nicht anprobieren zu dürfen. Wegen Corona, wie es heißt.
Aber gut, Nimby nimmt’s hin, geht sie doch von einer vorläufigen, neuen Normalität aus. Einer zeitlich begrenzten, mit Ablaufdatum versehenen Normalität, vor dem neuen Eintreten der alten Normalität. Und all diese zeitlich begrenzten Ungemütlichkeiten sind ja Kinkerlitzchen verglichen mit den Prophezeiungen jener Apokalyptiker, die seit Wochen mit ihren Visionen einer neuen Normalität Soziale Medien, YouTube, Podcasts und Online-Foren verstopfen. Von einer neuen Weltordnung wird da geraunt. Wahlweise angeführt von Illuminaten, „den Juden“, oder Außerirdischen von fernen Planeten. Bill Gates wolle über eine Corona-Impfung einen winzigen Mikrochip in Körper injizieren, um so die Kontrolle über die Menschheit an sich zu reißen. Und dann sind da noch die 5G-Sendemasten, die eigentlich für die Verbreitung des Coronavirus verantwortlich seien. Überhaupt: Das Ende der Welt ist nahe. Amen.
Nimby blickt aus dem Fenster, um sicher zu gehen: Blauer Himmel, Sonnenschein – es riecht nach Frühling und ein klein wenig nach Sommer. Jedenfalls nicht nach dem Ende der Welt. Und vielleicht wird’s jetzt auch in den Online-Foren etwas ruhiger, wenn die Visionäre alternativer Fakten ihre Visionen nun wieder am Stammtisch im Beisl ums Eck verkünden können.
Witzig!